Die Ehepaare Braunschweiger

Dimbachstraße 13 (heute Nr. 11, Neubau)

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Fanny und Anschel Braunschweiger

Fanny Braunschweigers Ehemann Anschel (* 1873) war gegen Ende des 19. Jahrhunderts von Steinbach nach Burghaun gekommen. Schon 1895 bewohnte er mit seinen Eltern das Anwesen in der Dimbachstraße.

Anschel war Teilnehmer am 1. Weltkrieg und mit diversen Verdienstorden ausgezeichnet. Er war Mitglied in der freiwilligen Feuerwehr und im Kriegerverein, wo er sogar als Fahnenträger fungierte. Auch in der jüdischen Gemeinde, deren letzter Vorsitzender er war, engagierte er sich sehr aktiv. Jeder im Dorf kannte ihn, und er war überall dabei. Verheiratet war Anschel mit Fanny geb. Braunschweiger (* 1882 in Burghaun), einer Schwester von David Braunschweiger in der Bahnhofstraße. Fannys Eltern Mendel und Hannchen Braunschweiger waren um 1882 ebenfalls von Steinbach nach Burghaun gezogen. Die Eheleute Fanny und Anschel hatten keine Kinder.

Den Lebensunterhalt für sich und Fanny verdiente Anschel Braunschweiger mit einem bescheidenen Hausierhandel. Er verkaufte kleine Artikel wie Schuhwichse, Kälberstricke, Nägel und alles, was man so brauchen konnte. Per Fahrrad versorgte er seine Kundschaft im Dorf und den umliegenden Orten. Am 20. Oktober 1941, als er mit seinem christlichen Nachbarn Becker bei der Feldarbeit war, erlitt er plötzlich einen Herzanfall und starb.

Gut sechs Wochen nach Anschels Tod wurde die Witwe Fanny Braunschweiger am 8. Dezember 1941 von Burghaun aus nach Riga deportiert. Dort im Rigaer Judenghetto, wo sie einem strengen Arbeitseinsatz unterworfen war, lebte sie bis zu dessen Liquidierung am 2. November 1943 unter menschenunwürdigen und lebensfeindlichen  Bedingungen. Nach dem  Augenzeugenbericht des Hünfelders Joseph Strauss kam sie bei der Räumungsaktion mit einem Transport älterer Leute und Kinder in das Vernichtungslager Auschwitz, wo sie ermordet wurde.  

Der NS-Staat als Räuber von jüdischen Vermögenswerten
Der NS-Staat als Räuber von jüdischen Vermögenswerten

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Gusta und Meier Braunschweiger

Gusta Braunschweiger geb. Braunschweiger (* 1877) stammte ebenfalls aus Steinbach. Sie war eine Schwester von Anschel Braunschweiger. Ihr Ehemann Meier Braunschweiger (* 1864) aus Burghaun hatte offenbar in das Haus in der Ringstraße 13 eingeheiratet. Das Ehepaar hatte keine Kinder. Meier starb im November 1931 und wurde auf dem hiesigen jüdischen Friedhof begraben. In der Grabinschrift heißt es über ihn: „... ein Mann, gottesfürchtig von Jugend auf. Frieden und Treue bestimmten sein Handeln. Den Willen Gottes tat er all seine Tage. Geliebt von seiner Familie und allen seinen Freunden. D. i. Me’ir, Sohn des Samuel Braunschweiger aus der hl. (heiligen) Gemeinde Burghaun. Verstorben im Krankenhaus am hl. Sabbat ...“

Die Witwe Gusta Braunschweiger hatte im Mai 1939 mutig und energisch -gegen die Interessen der Gemeinde- einen mit ihrem Nachbarn abgeschlossenen Kaufvertrag bezüglich eines Grundstücks verteidigt, was ihr 30 Tage Gefängnis einbrachte. Das Haus Braunschweiger wurde um 1940 zu einer Art „Judenhaus“, es war letzte Burghauner Adresse einer Reihe von Menschen, die ihr eigenes Haus verkaufen und verlassen mussten. 

Gusta Braunschweiger erlitt das gleiche Schicksal wie ihre Schwägerin Fanny. Sie blieb in Burghaun bis zu ihrer Deportation in das Ghetto Riga am 8. Dezember 1941. Im Verlauf der gewaltsamen Räumung des Ghettos am 2. November 1943 wurde sie nach Auschwitz verschleppt, von wo sie nie wieder zurückkehrte.

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