Familie Abraham Levy  (Feiste)

Schloßstraße 4 (heute Neubau Nr. 5, Parkfläche)

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Die Familie Levy gehörte zu den alteingesessenen Burghauner Judenfamilien. Mit im Haus Schloßstraße 4 lebten auch Abrahams Eltern, das alte Ehepaar Feist Levy (*1845) und Sara geb. Gans (*1845) aus Rotenburg an der Fulda.


Nach Feist Levy trug die Familie den Dorfnamen Feiste. Frau Sara Levy starb 1936 hochbetagt mit fast 93 Jahren hier in Burghaun, als ihr Mann schon lange tot war. 

Abraham Levy (* 1883) betrieb in seinem Haus ein Ladengeschäft mit Manufaktur- und Blechwaren. Wahrscheinlich hatte es schon sein Vater gegründet. Frau Jenny Levy geb. Goldschmidt (* 1887) kam aus Bischhausen Kreis Eschwege. Das Ehepaar hatte einen Sohn:

Manfred, geb. 1915 in Burghaun 

Manfred Levy zog etwa 1936 nach Göppingen, wo er bei der jüdischen Familie Fränkl wohnte und arbeitete. Gegen Ende des Jahres 1937 ging er nach Stuttgart und wanderte von dort in die USA aus. 1950 lebte er in Ohio.  

 

Hier sieht man das Haus Levy etwa 1916 mit einem vorbeiziehenden Umzug. Vor dem Geschäft steht Frau Jenny Levy mit Söhnchen Manfred auf dem Arm. Aus den oberen Fenstern schauen ihre Schwiegereltern Feist und Sara Levy dem Festzug zu. - Später befand sich hier das Geschäft des Friseurs Schmidt.

Im Verlauf des Novemberpogroms 1938 wurde Abraham Levy verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt, von wo er erst nach mehreren Wochen wieder nach Hause zurückkehrte. 

Während seiner Abwesenheit muss sich die folgende Geschichte zugetragen haben, die der verstorbene Karl B., der als junger Mensch damals mit dabei war, 2013 berichtete:

Kurz nach dem Synagogenbrand sei der Landrat in SS-Uniform im Dorf erschienen. Mit einem Trupp Burghauner SS-Männer sei er durch das Gässchen zwischen der Metzgerei Malkmus und dem Geschäft Hattendorf marschiert und habe sich erkundigt, wo Juden wohnen. Als man ihn darauf hinwies, dass der Laden gegenüber auf der anderen Straßenseite in der Schloßstraße der Familie Abraham Levi gehöre, habe er seine Pistole gezogen und gezielt in das oberste Fenster des Hauses geschossen!

Aufgrund des Nazi Gesetzes zur "Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschafts-leben" war Levi gezwungen,  am 1. Januar 1939 sein Geschäft, das schon seit längerer Zeit nicht mehr ordentlich ging, aufzulösen. Bald darauf mussten die Levys auch ihr Haus verkaufen, sie fanden Aufnahme bei Familie Nußbaum in der Ringstraße 5. Dort wohnten sie noch im Dezember 1939, bis man beide Familien von heute auf morgen aus dem Haus warf. Sie zogen in das leer stehende Victorsche Haus in der Ringstraße, dessen letzte Eigentümerinnen Martha und Bella Kleeblatt inzwischen im Allgäu lebten.

1940 wollten Abraham und Jenny Levy in die USA zu ihrem Sohn Manfred emigrieren, doch unglückliche Umstände vehinderten die Flucht - Frau Levy brach sich das Bein. Tatsächlich waren die nötigen Formalitäten erledigt und offenbar auch die Schiffskarten bei Hapag Lloyd bezahlt. Aber durch den Unglücksfall kam die Ausreise nicht mehr zustande. 

Jedenfalls blieb das Ehepaar Levy in Burghaun zurück und musste sich mit den anderen noch im Dorf ausharrenden jüdischen Bewohnern am 8. Dezember 1941 zum Abtransport in das Ghetto Riga stellen.

Abraham Levy wurde von dort in das Arbeits- und Todeslager Salaspils in der Nähe von Riga abkommandiert, wo er aufgrund der mörderischen Bedingungen im Mai 1942 starb. Das NS-Konzept "Vernichtung durch Arbeit" fand hier planmäßige Anwendung. Jenny Levy kam nach Auschwitz, sie starb am 2.11.1943. Da dies genau der Tag der Liquidierung des Rigaer Ghettos und des Transportes vieler Insassen nach Auschwitz war, ist zu vermuten, dass sie im Zusammenhang mit der gewaltsamen Räumungsaktion erschossen wurde oder auf dem Transport in das Vernichtungslager den Tod fand.

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